Freie Grafik und Handzeichnung:
Preis für Iris Thürmer

Das Wort Graphik stammt vom griechischen  „graphikos“: das Schreiben betreffend. (Graphik ist eine Schreib- und Zeichenkunst. So einfach klingt das, oder war es mal.)
Die Zeichnung, einst Ritzen in Stein, Knochen oder Ton, war die Erfindung der Linie. Linie, Kontur, Fleck und der Raum dazwischen, waren irgendwann entstanden, wurden Grundlage von Zeichnungen und Grafiken.

Der Maler, Bildhauer und Grafiker Max Klinger, für Käthe Kollwitz der grafische Anreger, schreibt 1891 in seiner Schrift: „Malerei und Zeichnung“: (Zitat) „Hervorragendster Charakterzug der Zeichnung ist die starke Subjektivität des Künstlers, er darf seine eigensten Freuden und Schmerzen, flüchtigsten und tiefsten Gefühle freikünstlerisch geben.“ 
Klinger sagt auch (schon), dass (Zitat:) „jedem Material durch seine Erscheinung und seine Bearbeitungsfähigkeit ein eigener Geist und eine eigene Poesie innewohnen, …“

Anfang November sah ich: Die blattlose Jahreszeit hat begonnen: mit Linearität, Filigranität: aufstrebend, ragend, schwingend, herabhängend; verwirrend durcheinander, nirgends rechtwinklig systematisch. Und doch sah ich System: jeder Busch, Baum, zeigte seins. Seinen Wuchs, seine Gestalt, seine Struktur. Ich sah: Das ist grafisch ! Büsche, Bäume, zeigten eine Variation des Themas.
Jedoch, das „Grafische“ kann ebenso klar in grafischen Techniken wie Holzschnitt, Lithografie,  Radierung, Siebdruck sein, auch, wenn Farbe über oder neben die andere gedruckt wird. Oder kann von einer Vermischung und Kompliziertheit sein, weit fort von (einstiger) Einfachheit ... >>

 
     
  Iris Thürmer – Schicht um Schicht, Schrift um Schrift
Zahlen und Buchstaben, Texte und Bücher begleiten unseren Alltag. Sie begegnen uns überall, gesprochen oder gedruckt, als Fragment oder Schriftstück, und nicht zuletzt in Form von Bildern oder Graffiti im privaten wie im öffentlichen Raum. Iris Thürmer setzt ihre Eindrücke in Gemälde und Gouachen mit locker strukturierten Flächen in satten Farbtönen um. Den oft monochrom in einem hellen Erdton gehaltenen Hintergrund bedeckt sie mit mehreren Schichten, die aus unterschiedlichen Zeichen bestehen: Sie benutzt nicht nur Zahlen, Buchstaben, Worte oder ganze Sätze als Elemente der Gestaltung, sondern auch Kringel, Wellenlinien oder andere kürzelhafte Schriftzeichen ... >>

 
     
  Iris Thürmer thematisiert in ihren Arbeiten den Gebrauch von Sprache, die gesprochen oder gedruckt, als Fragment, Symbol oder Schriftstück, in Form von Bildern oder Graffity den Alltag begleiten. Inhaltlich sucht Iris Thürmer sehr bewusst die Nähe zur eigenen Biografie. Sie nimmt Bezug auf Orte, an denen sie arbeitet, auf Personen, die ihr begegnen, auf Zeitgeschehnisse, Natureindrücke. Tagebuchartig entstehen Zeichnungen, Gouachen, Collagen, die Erlebtes, Erfahrenes, Vergessenes sichtbar machen, Bruchstücke des Lebens, das von Wandel und Kontinuität geprägt ist, Mittel und Form, Lebenszeit zu strukturieren ... >>  
     
  Die Zeichnungen, die Iris Thürmer zeigt, sind genaugenommen Malerei. Eine Zuordnung ist nicht eindeutig zu leisten andererseits auch wenig bedeutsam, hat sich der Begriff und das Medium Zeichnung selbst doch schon längst nach allen Seiten hin erweitert. Es sind Arbeiten auf Papier und Iris Thürmer benutzt das Papier als Bildträger - als Experimentierfläche für Techniken, vor allem aber für Farben. Farbe dient hier nicht nur zur Erzielung von Farbwirkung, Farbe ist zugleich Material. Die  verschiedenen Grundierungen (teilweise Kreidegundierungen) auf dem weißem oft bereits bearbeitetem Papier  werden überlagert von Farbschichten, die aus Lehm unterschiedlicher Fundorte und Pigmenten angerührt, teilweise mit Kreide aufgehellt sind, oder die sich aus einer Mischung von Pigmenten, H2O, Gouache, Acryl oder Tusche zusammensetzen ... >>